Reiden als Pressestandort im 20. Jahrhundert
«Oberwiggertaler» und «Luzerner Nachrichten» - zwei Lokalzeitungen in der «Metropole des Wiggertals»
Spezialausstellung im Dorfmuseum Langnau-Mehlsecken-Reiden, Frühjahr 2025
a) Reiden wird Pressestandort
In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Bauerndorf Reiden zu einem kleinen gewerblichen Zentrum. Dies zog den in Zofingen tätigen jungen Ostschweizer Buchdrucker Martin Frei an, der hier zu Recht eine Chance für Druckaufträge sah. Um das Geschäft anzutreiben, liess er am 18. Oktober 1902 unter dem Titel «Local-Anzeiger für Reiden und Umgebung» ein kleinformatiges Wochenblatt erscheinen. Dabei konnte er auch auf die Unterstützung des Reider Gemeinderates zählen. Dieser hatte bereits im September entschieden, den «Local-Anzeiger» als offizielles Publikationsorgan zu bezeichnen. Mit Freis Produkt erhielt das Wiggertal nach den beiden Willisauer Blättern – dem freisinnigen «Wächter am Napf» (gegründet 1888, mit Vorläufern ab 1851) und dessen 1887 entstandenen konservativen Konkurrenten «Willisauer Bote» – eine dritte Zeitung.
Martin Frei war von Hause aus katholisch und kirchentreu eingestellt, verfolgte aber aus Geschäftsinteresse einen parteipolitisch neutralen, zurückhaltenden Kurs. Der Erfolg blieb nicht aus und ermöglichte ihm, bereits 1904 den zweispaltigen «Local-Anzeiger» durch den dreispaltig und in grösserem Format erscheinenden «Oberwiggertaler» zu ersetzen.
Anscheinend hätten die Reider Liberalen gerne mehr Einfluss auf Freis florierende Lokalzeitung gehabt. Da ihnen das nicht gelang, bewegten sie 1913 mit Heinrich Albrecht einen weiterer Buchdrucker dazu, in Reiden sein Glück zu versuchen und unter dem Titel «Luzerner Nachrichten» eine neue Zeitung mit freisinniger Stossrichtung herauszugeben. Diese erschien ab Dezember 1913 sogar zweimal pro Woche, geriet während des Ersten Weltkriegs aber in Schwierigkeiten und kam seit 1916 ebenfalls als Wochenblatt heraus. 1952 eröffnete Josef Kreienbühl in Reiden eine weitere Druckerei. Eine weitere Zeitung wäre allerdings selbst für die «Metropole des Wiggertales» (wie Reiden im Nachruf auf Martin Frei 1934 betitelt wurde) des Guten zuviel gewesen. Aber der 1960 zur AG erweiterte und bis zur Auflösung 2002 an der Schulhausstrasse angesiedelte Betrieb war immerhin zeitweilig für den Druck der damals einmal monatlich erscheinenden christlichsozialen Verbandszeitschrift «Kolping» tätig.