Kunstmaler Domenico «Dick» Ortelli
von Stefan Bossart
Domenico Federico Riccardo Ortelli. Geboren am 26. August 1913. Aufgewachsen in Italien… «Dick» nannten ihn alle zu Lebzeiten. Einen Spitznamen, den Domenico Ortelli bereits als kleiner Junge in Italien bekam. Von englischen Damen, denen er auf dem Golfplatz am Comersee als Caddy die Bälle einsammelte und so etwas Geld verdiente. Die Familie konnte jeden Zustupf gebrauchen. Ortelli war eines von fünf Kindern einer Kleinbauernfamilie. Einen bescheidenen Hof in Grandola Ed Uniti bei Menaggio nannte sie ihr Eigen. Ein paar Kühe. Einen Esel, der vor den Wagen gespannt wurde. Er war in den Vierzigerjahren im richtigen Alter, um in den Krieg zu ziehen. Als «Alpino» in Mussolinis achter Armee. 1941 wird der Gebirgsjäger eingezogen, in den Feldzug nach Russland geschickt. «Ausser ein paar Kartoffeln hatte ich kaum was zu essen. Die Militärschuhe gefroren in der eisigen Kälte, oft mussten wir barfuss gehen». In Reiden die Liebe gefunden 1944 verschlug es «Dick» Ortelli ins Wiggertal. Geflüchtet von den Kriegsschauplätzen suchte er in der Schweiz Schutz. Wie so viele italienische, polnische und französische Soldaten in dieser Zeit. «Der Glaube ans Paradies erwies sich als trügerisch. Gerade die Anfangszeit war von Kargheit und Heimweh geprägt», sagte Ortelli 1992 in einem Interview. Letztlich nahm sein Leben in Reiden aber eine Wendung. Mit dem Rilke-Gedichtband ging er in die Drogerie Kündig. Und genau dies machte der musisch geprägten Drogistin Eindruck. Sie schloss den Italiener mit den nach hinten gekämmten dunklen Haaren ins Herz. Er hatte Charme. Er hatte Manieren. Er hatte Humor. So ihr Urteil. Die Hochzeitsglocken läuteten trotzdem. Nach Kriegsende. Am 25. Oktober 1951 im italienischen Valsolda. Ein strahlendes Paar in einer kleinen Hochzeitsgesellschaft. Die Bilder entstanden in seinem Atelier an der Pfaffnauerstrasse. Hier malte der Absolvent der Kunstakademie Mailand und Basel. Insbesondere die Zirkuswelt hatte es ihm angetan. Clowns waren sein Markenzeichen. Jene Spassmacher, denen nachgesagt wird, dass ihnen unmaskiert oft das Lachen abhanden kommt. «Das passte auch auf meinen Vater. Er war ein lebenslustiger Italiener, zog sich manchmal aber auch zurück und hatte eine sehr ernsthafte Seite». «Mein Vater fand hier ein Zuhause», sagt seine Tochter Christina Rizzo. Behalten habe «Dick» bis zu seinen letzten Stunden sein «viereckiges Deutsch», seinen Charme. Aber auch seine impulsive Art. «Er liess sich nie und von niemandem trampen», sagt Christina Rizzo. Und er porträtierte das halbe Dorf. Überall sind seine Spuren zu sehen. Ob in der Bank, auf der Gemeindeverwaltung oder in Stuben. Mit Ortelli ist 1999 ein Zeitzeuge des Krieges gestorben, der im Dorf weiterlebt.